Elf Bäume sollen in der Siemensstraße Bamberg gepflanzt werden, 19 Parkplätze sollen verschwinden.
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Elf Bäume sollen in der Siemensstraße Bamberg gepflanzt werden, 19 Parkplätze sollen verschwinden. (Archivfoto)

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Bäume statt Parkplätze: Bürger leisten Widerstand

Der Klimaschutz ist in aller Munde und die Bundesregierung unterstützt Städte bei der Umsetzung. In Bamberg sollen deshalb elf Bäume gepflanzt werden. 220.000 Euro sollen die kosten und 19 Parkplätze sollen weichen. Dagegen wehren sich die Bürger.

Über dieses Thema berichtet: Frankenschau aktuell am .

Bäume binden viel Kohlendioxid und wandeln diesen in Biomasse und Sauerstoff um. Sie sind wichtig für das regionale Klima, indem sie Wasser verdunsten und dadurch im Sommer kühlen. Bäume sind einfach gut fürs Klima, meint die Stadt Bamberg. Deswegen sollen in der Bamberger Siemensstraße auch elf Stück gepflanzt werden, auf Kosten von 19 Parkplätzen. Alles schien in trockenen Tüchern, die Bagger waren bestellt, doch dann formierte sich bürgerlicher Widerstand. Jetzt wurde der Beginn der Bauarbeiten erst einmal verschoben.

Alles für den Klimaschutz

Etwas für den Klimaschutz tun, das ist auch das Anliegen der Stadt. Dafür gibt es zudem Fördermittel aus Berlin in Höhe von 3,325 Millionen Euro für Bamberg. "MitMachKlima" wurde das Projekt getauft und mit vielen Ideen gingen die Macher, unter anderem Klimareferent und Bürgermeister Jonas Glüsenkamp (Grünes Bamberg), voran. Im Sommer wurde eine Seniorenrikscha für 20.000 Euro angeschafft. Wie oft die seitdem gebucht wurde, konnte die Stadt auf Anfrage von BR24 nicht beantworten.

Gut angekommen sind acht Lastenräder für Handwerker. Sie konnten im Mai von acht Betrieben getestet werden. Vier Wochen dauerte die Aktion. Eine Auswertung zum sogenannten "flotten Gewerbe" liege noch nicht vor, schreibt die Stadt. "Ob und wie eine Kampagne im Jahr 2024 durchgeführt wird, ist derzeit noch in der Abstimmung."

Erst vor kurzem reiste eine Stadtratsdelegation im Rahmen des Projekts "MitMachKlima" mit Glüsenkamp an der Spitze nach Tübingen, um sich dort beim inzwischen parteilosen Oberbürgermeister Boris Palmer Anregungen zu holen – natürlich mit der Bahn.

"MitMachKlima": Baumpflanzung statt Parkplätze

Eine große Aktion innerhalb des "MitMachKlima"-Projekts ist die Pflanzung von Bäumen. Die Stadt soll grün werden. Zum Beispiel in der Siemensstraße. Dort sind elf Bäume geplant. 19 Parkplätze sollen dafür wegfallen. Gesamtkosten: 220.000 Euro. In einer Stadtratssitzung im Dezember vergangenen Jahres wurde diese Begrünung beschlossen.

Es sei der Wunsch vieler Menschen, so Glüsenkamp vor einigen Monaten gegenüber BR24. Man habe Straßenzüge ausgewählt, die nicht in der Innenstadt liegen würden, sondern im weiteren Umfeld der Innenstadt, wo es weiter auch ausreichend Parkmöglichkeiten geben werde.

Doch die Bürger sehen das ganz anders. 19 Parkplätze weniger in einer Straße mit vier Hochhäusern? Schon jetzt sei die Parkplatzsituation mehr als schlecht. Von ausreichend Parkmöglichkeiten sei keine Spur, so Anwohner. Außerdem sei die Straße schon sehr begrünt und in unmittelbarer Nähe, also fußläufig zu erreichen, der Hauptsmoorwald. Erst durch die mediale Berichterstattung wurde den Anwohnern richtig klar, was da in ihrer Straße passieren sollte und was die Pflanzung von elf Bäumen kosten würde. Der Widerstand formierte sich.

Für die Schaffung solcher neuen Baumstandorte müssten im Vorfeld Boden- und Materialproben genommen und ausgewertet werden, heißt es dazu in einem Schreiben. Dazu kommen Beweissicherung, Verkehrssicherung, Bauzaun, Bodenarbeiten, Asphalttrennung, Einfassungen und die Bäume selbst. Ein Ingenieurbüro hat für jeden einzelnen Baumstandort Kosten in Höhe von 20.000 Euro errechnet. Summa summarum also 220.000 Euro.

Stadtverwaltung muss sich mit Thema beschäftigen

Erst schien es, dass diese Kritik in der Verwaltung verrauscht. Doch nach einer Infoveranstaltung für die Bürger im Oktober wurde klar, dass der Widerstand groß ist und größer wird. Drei Anträge von Anwohnern wurden direkt danach im Rathaus eingereicht, alle mit dem Inhalt auf Verzicht der Maßnahme. Statt der Schaffung von Bäumen für Schatten und besseres Klima, argumentierte die Stadt nun mit Starkregenereignissen, bei der die Siemensstraße besonders gefährdet sei. Im Oktober stellte die parteilose Stadträtin, Karin Einwag, einen Dringlichkeitsantrag dazu. Der wurde erst öffentlich angesetzt und dann kurzerhand in den nicht-öffentlichen Teil verschoben. "Ich habe die Frage gestellt in einem Dringlichkeitsantrag, ob es denn eine Kartierung der Stadt Bamberg unter dem Aspekt 'Starkregenereignis' gibt oder 'Schwammstadt'. Ich habe darauf bisher keine Antwort."

Bis zum heutigen Tag wurden die Fragen von Seiten der Stadt nicht beantwortet. Dafür wurde das Ganze wieder in den Bausenat verwiesen, mit dem Resultat, dass der die Sache in die Vollsitzung des Stadtrats verschoben hat. Am 5. Dezember soll das Thema dann dort noch mal auf die Tagesordnung kommen. Unklar, ob im öffentlichen oder nicht-öffentlichen Teil.

OB spricht mit Anwohnern

Jetzt folgt aber erst der Dialog mit den Bürgern, den es angeblich bereits ständig im Vorfeld gegeben habe, so Klimareferent Glüsenkamp. Am Freitag findet ein Gespräch mit drei Anwohnern und Oberbürgermeister Andreas Starke (SPD) statt. "OB Starke möchte dies führen, um auszuloten, inwiefern hier ein Interessenausgleich möglich ist", heißt es von Seiten der Stadt. Mittlerweile gibt es auch einen Vorschlag, statt Bäume einfach Versickerungsflächen anzulegen gegen die angebliche Gefahr von Starkregenereignissen.

Das Bauvorhaben ist auf jeden Fall erst einmal gestoppt. Ende Oktober sollte es losgehen. Die Baufirma wurde schon mal angefragt, ob eine Verlängerung der Bindefrist über den 30. November 2023 hinaus möglich sei.

Nur eine Baumpflanzaktion von vielen

Und auch wenn die Baumpflanzaktion in der Siemensstraße vom Tisch sein sollte, es könnte bald an anderer Stelle in Bamberg weitergehen. In einer Hauptverkehrsader, der Hallstadter Straße, sind weitere 22 Bäume geplant. Das soll dann 440.000 Euro kosten. Auch die Stadt Bamberg, eher haushaltstechnisch als klamm zu bezeichnen, plant weitere 15 in der Gönnerstraße und unter anderem 23 in der Zollnerstraße.

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