Hinweisschild mit der Aufschrift: Klinikum Bayreuth
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Das Klinikum Bayreuth wird nicht auf Privatisierung geprüft.

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Klinikum Bayreuth: Streit um Privatisierung - deutlicher Ausgang

Bereits im Ältestenausschuss sorgte der Vorschlag, eine Privatisierung des Bayreuther Klinikums zu prüfen, für kontroverse Diskussionen. Jetzt stimmte der Stadtrat mit deutlicher Mehrheit gegen die Pläne. Das waren die wichtigsten Argumente.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten Franken am .

34 von 39 anwesenden Bayreuther Stadträtinnen und Stadträten haben in einer Sitzung gegen den Antrag zur Privatisierung des Klinikums abgestimmt. Der Antrag der Fraktion der Unabhängigen (DU), FDP und Frauenliste hatte bereits zwei Tage zuvor im Ältestenausschuss für eine kontroverse Diskussion gesorgt.

Privatisierung könnte Finanzlage der Kommune entspannen

Demnach sprach sich Stadtrat Wolfgang Gruber (Die Unabhängigen) für die Prüfung einer möglichen Privatisierung aus, um die klammen kommunalen Finanzen zu entlasten. Man sehe es in der Fraktion als Aufgabe des Stadtgremiums, Gefahren und Risiken für die Wirtschaftslage der Stadt zu erkennen und abzuwenden. Solch eine Gefahr sei die finanzielle Lage des Klinikums. Der Stadtrat müsse sich "ohne Scheuklappen" mit der Zukunft des Klinikums beschäftigen und dürfe die "finanzielle Bedrohungslage" nicht ignorieren, so Gruber weiter. Es wäre "falsch, bei vertretbarem Aufwand nicht alle Optionen zu prüfen".

Der fraktionsübergreifende Widerspruch der anderen im Bayreuther Stadtrat vertretenen Parteien wurde vor allem mit der Daseinsvorsorge begründet. Das Klinikum müsse in der Hand der Stadt bleiben. Doch die Verunsicherung sei bereits da und den Schaden habe das Klinikum, hieß es im Ältestenausschuss, bezogen auf die Mitarbeitenden, aber auch auf den Medizincampus Oberfranken und die dafür nötige Kooperation mit der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg.

Vorherige Diskussionen in Stadtratssitzung nicht mehr aufgenommen

Ulrich Pfeifer, berufsmäßiger Stadtrat und Rechtsreferent, betonte in der ersten Debatte im Ältestenausschuss, dass eine Prüfung auf Privatisierung nicht nur rechtliche, sondern auch finanzielle Problematiken mit sich bringe. Außerdem müssten alle Gremien in Stadt und Kreis einig sein, diese Prüfung zu veranlassen – der Stadtrat allein könne solch eine Entscheidung nicht treffen.

Auch gab er zu bedenken: Die Errichtung und Erhaltung von Krankenhäusern ist eine Pflichtaufgabe von Stadt und Landkreis. Sollte ein privater Träger ein Klinikum übernehmen, so ruhe diese Aufgabe nur. In der Stadtratssitzung am Mittwoch wurde die Diskussion nicht mehr aufgenommen, sondern zügig gegen die Prüfung der Privatisierung entschieden.

Vor allem kleine Krankenhäuser werden privatisiert

Deutschlandweit werden immer mehr Krankenhäuser privat geführt. Wie die Deutsche Krankenhausgesellschaft auf Nachfrage mitteilt, werden derzeit (Stand August 2023) 585 Kliniken im Bundesgebiet privat geführt, vor 13 Jahren waren es noch fast 50 Häuser weniger. Die Zahl der kommunalen Krankenhäuser ist unterdessen um mehr als 120 auf jetzt 450 Krankenhäuser gesunken. Weitere 499 Einrichtungen werden von Verbänden, Kirchengemeinden oder Stiftungen getragen. Die Zahl dieser Krankenhäuser sank seit 2008 um mehr als 170.

Dabei sind es vor allem kleinere Krankenhäuser, die von privaten Trägern geführt werden. Das zeigt ein Blick auf den Bayerischen Krankenhausplan. Demnach befinden sich unter den aktuell 367 Krankenhäusern im Freistaat zwar 107 und damit etwas weniger als 30 Prozent in privater Hand. Allerdings handelt es sich dabei nur um 18 Prozent aller Betten in Bayern.

Neun von zehn Krankenhäusern in Bayern schreiben rote Zahlen

Einer Umfrage der Bayerischen Krankenhausgesellschaft zufolge erwarten neun von zehn Krankenhäusern in Bayern in diesem Jahr einen Verlust in ihrer Bilanz. Ein Jahr zuvor waren es noch sieben von zehn, noch ein Jahr früher waren es nur fünf.

Mittlerweile gelten 19 Prozent aller Kliniken in Bayern gar als insolvenzgefährdet. Das geht aus dem jüngsten Krankenhaus-Rating-Report des RWI-Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung hervor. Bundesweit liegt die Quote bei zehn Prozent und damit niedriger. Schlechter als den bayerischen Kliniken geht es demnach nur Häusern in Baden-Württemberg. Inzwischen hat sich nach Einschätzung des RWI der Anteil der insolvenzgefährdeten Kliniken sowohl bundesweit als auch in Bayern weiter deutlich erhöht. Auch die Deutsche Krankenhausgesellschaft warnte bereits zum Jahreswechsel: "Auf unsere Kliniken rollt 2023 eine Insolvenzwelle zu, die sich kaum mehr stoppen lässt."

Warum gerade in Bayern so viele Krankenhäuser rote Zahlen schreiben, erklärt das RWI damit, dass Kliniken im Freistaat noch vergleichsweise häufig kommunal geführt werden – von Kommunen, die häufig noch finanzstark genug seien, die Defizite der Kreis-Krankenhäuser auszugleichen. Trotz finanzieller Schwierigkeiten könnten die Kliniken so über Jahre weiter arbeiten, während Krankenhäuser andernorts bereits in die Insolvenz gingen.

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